Der Knorpel: Glucosamin & Chondroitin
Der Knorpel besteht aus sauren Mucopolysacchariden (MPS), die von Chondrocyten synthetisiert werden. Durch die hohe Wasserbindungskapazität der MPS bedingt bildet der Knorpel eine elastische und stoßabsorbierende Schicht, die die mechanischen Belastungen der Gelenke aufnimmt. Im Laufe des Alterns nimmt die Zahl der Chondrocyten ab und es kommt an den Gelenken zu einer Verarmung an MPS und damit auch zu einer verminderten Wasserbindung. Die elastische stoßabsorbierende Wirkung des Knorpels verschlechtert sich. Der Zerstörungsprozess beschleunigt sich. Schon seit den siebziger Jahren gibt es Studien, die wahrscheinlich machen, das Glucosaminsulfat (GS) und Chondroitinsulfat (CS), beides Bestandteile des Knorpels, den Zerstörungsprozess des Knorpels aufhalten, ja sogar teilweise zurücknehmen können. Gerade in den letzten Jahren wurden qualitativ hochwertige Studien veröffentlicht, die eine Wirkung von GS und CS nachweisen.
Glucosamin ist ein Bestandteil des Knorpels. Es fördert den Aufbau der Proteoglycane, insbesondere den der Glycosaminglykane (GG). Chemisch gesehen sind Glykosaminglykane Polysaccharide aus 1,4 verknüpften Disacchariden, in denen 1 mol einer Uronsäure mit der 3-Stellung eines N-acetylierten Aminozuckers (Glykosamin) glycosidisch verbunden ist. Die Glycosaminglykane sind eine essentieller Bestandteil der Knorpelsynthese. Die im folgenden zitierten Studien wurden bei Arthroseerkrankten durchgeführt.
Bei einem Vergleich von 2 Gruppen, die entweder Ibuprofen oder Glucosamin (1500 mg täglich über 30 Tage) erhielten, hatten die Patienten der Glucosamin Gruppe weniger Ruhe– und Belastungsschmerzen.
In einer Placebo kontrollierten Studie an Patienten mit Kniearthrose zeigte die Glucosamin Gruppe einen signifikanten Rückgang von Schmerzen, Schwellung und Funktionseinschränkung.
In einer in der Zeitschrift Arch Intern Med. 2002; 162: 2113-2123 veröffentlichten Studie (randomisiert, Placebo kontrolliert, doppelblind) wurde an 202 Probanden, die an einer leichten bis mittelgradigen Gonarthrose litten, die Wirksamkeit von Glucosamin (1500 mg/Tag) auf die Progression der Gonarthrose untersucht. Die Studie lief über insgesamt 3 Jahre. Verlaufskontrollen wurden vierteljährlich über Befragungen bezüglich Schmerz und Funktion und jährlich über Röntgenaufnahmen (Messkriterium Gelenkspaltbreite) durchgeführt.
Während sich in der Placebogruppe nur eine leichte subjektive Besserung einstellte, zeigte die Verumgruppe eine Verbesserung um 20-25 %. Die Gelenkspaltbreite nahm in der Placebogruppe um 0.19 mm, in der Verumgruppe um 0,04 mm ab.
Elektronenmikroskopische Untersuchung an Knorpel von Patienten die Glucosamin erhielten im Vergleich zu Patienten, die mit Placebo therapiert wurden, zeigte sich, dass die Glucosamin Gruppe den intakteren Knorpel hatte.
Glucosamin ist oral eingenommen bezüglich der Schmerzreduktion, mindestens so wirksam wie NSAR, wobei die Unverträglichkeit auf Placeboniveau liegt.
Nur 2% von 1500 Anwendern zeigten unter der Einnahme von Glucosamin Nebenwirkungen (hauptsächlich Magenbeschwerden, Durchfall oder Übelkeit).
Glucosamin wird zu 98 % aus dem Magen– Darmtrakt aufgenommen.
Eine signifikante Beeinflussung des Zuckerstoffwechsel durch Glucosamin ist nicht gegeben. Glucosamin kann auch von Diabetikern (Typ 2) eingenommen werden.
Zusammengefasst lässt sich für das Glucosamin folgendes sagen:
Es vermindert bei der Arthrose Schmerzen und verbessert die Beweglichkeit, wobei Nebenwirkungen im Verhältnis zu den NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatiker) wesentlich geringer ausfallen.
Es ist gut verträglich (nach vielen Studien Nebenwirkungen auf Placeboniveau)
Es hat eine Langzeitwirkung. Die Effekte bleiben auch nach einem Absetzen der Therapie erhalten.
Zum Chondroitin
In der Arthroseentstehung und bei der Degeneration der Bandscheibe stellt der Verlust von Proteoglykanen die Hauptursache dar.
Vor makro– mikroskopischem Beginn der Bandscheibendegeneration findt sich eine Verminderung von Glycosaminglykanen in der Bandscheibe.
Arthrose ist unter Gabe von knorpelprotektiven Substanzen wie Glycosaminglykane teilweise reversibel. Es dürfen gleichzeitig aber keine NSAR eingenommen werden. Glycosaminglykane wirken oral aufgenommen wesentlich besser als injiziert. Ursache scheint der gleich bleibende hohe Wirkstoffspiegel bei oraler Applikation zu sein.
Bei der Kniearthrose des Kaninchens konnte nachgewiesen werden, dass Glycosaminglykane knorpelabbauende Enzyme hemmen und die Knorpelreparatur ermöglichen.
120 Patienten, die an einer Knie– und oder Hüftgelenksarthrose litten, bekamen entweder Chondroitin (morgens und abends) oder Placebo. In der Chondroitin Gruppe kam es zu einem Rückgang von Ruhe– und Belastungsschmerz. Dieser Effekt setzte innerhalb von 2-8 Wochen ein und überdauerte die Chondroitin Gabe für über 6 Wochen.
50 Patienten, die an einer Kniearthrose litten, bekamen entweder Chondroitin oder eine andere Schmerzmedikation. Nach dreimonatiger Therapie wurden Knorpelproben entnommen und untersucht. In der Chondroitin Gruppe zeigten sich deutliche Reparaturzeichen.
An der Harvard Universität wurden Patienten, die an einer rheumatoiden Arthritis litten, eine Lösung von Knorpelmaterial und Kollagen in Orangensaft zu trinken gegeben. Gleichzeitig wurden ihnen andere Rheumamedikamente entzogen. Während sich bei der Placebogruppe (31 Patienten) keine Veränderungen der Rheumaaktivität zeigte, kam es in der Wirkstoffgruppe bei 28 von 32 Patienten zu einem vollständigen Rückgang der Aktivität. Bei den übrigen 4 Patienten kam es zu einer Teilremission.
42 Patienten mit Kniearthrose bekamen täglich 800 mg Chondroitin. Unter der Therapie verminderten sich die Schmerzen, verbesserte sich die Beweglichkeit und Kniestabilität. Der Kniegelenkspalt blieb konstant. In der Placebogruppe verschlechterten sich die Parameter.
Über einen Zeitraum von 6 Monaten bekamen 80 Patienten, die an einer Kniegelenksarthrose litten, 800 mg Chondroitin täglich. Unter der Therapie konnte die zusätzliche Einnahme von Schmerzmitteln verringert werden. In der Wirkstoffgruppe konnten die Studienteilnehmer wesentlich schneller gehen.
Eine Creme, die Glucosamin, Chondroitin und Haifischknorpel enthält, ist bei der Therapie der Kniegelenksarthrose wirksam. Dies zeigt eine Studie im Journal of Rheumatology 2003 :30; 523-528 . 63 Studienteilnehmer wurden entweder mit Placebo, oder mit einer Creme, die als Wirkstoffe Chondroitin und Glucosamin enthielt, behandelt. Schon nach einem Tag stellte sich in der Wirkstoffgruppe ein deutlicher Rückgang der Beschwerden ein. Nach 8 Wochen besteht eine klinisch signifikante Besserung der Wirkstoffgruppe im Vergleich zur Placebogruppe. Durch die perkutane Gabe scheint sich die Konzentration von Glucosamin und Chondroitin im Gelenk gegenüber der oralen Gabe wesentlich zu erhöhen. Chondroitin scheint auch als Trägersubstanz für die Penetration der Haut wirksam zu sein.
Zusammengefasst lässt sich für das Chondroitin folgendes sagen:
Es blockiert knorpelabbauende Enzyme.
Es fördert den Aufbau von Glycosaminglykanen und Proteoglykanen und damit die Regeneration des Knorpels.
Es wirkt synergistisch zum Glucosamin.
Es fördert topisch angewandt die Hautpenetration.
Vergleich Condroitin versus Glucosamin
In einem Übersichtsartikel, erschienen in „The Cochrane Library, 1.2002. Oxford: Update Software“ wurden verschiedene randomisierte Studien (37), die sich mit dem Thema Wirksamkeit von Glucosamin und Chondroitin bei Arthrose beschäftigten, analysiert. Dabei fand sich für das Glucosamin im Durchschnitt aller Studien eine befriedigende, für das Chondroitin eine große Wirksamkeit.
Als Quelle für Chondroitin und Glucosamin bieten sich Haifischknorpel und Grünlippmuscheln an. Abhängig von der jeweiligen Charge enthält Haifischknorpel 17 % (Standardabweichung 3%) Chondroitin und 10 % Glucosamin. Durch Anreicherungsprozesse kann hochkonzentriertes Chondroitin aus Haifischknorpel gewonnen werden.
Grünlippmuscheln enthalten ca. 19 % Chondroitin. Bedingt durch diesen eher geringen Anteil sind hohe Tagesdosierungen von 7-10 g Substanz nötig. Die Chondroitin Aufnahme sollte bei 1200 g pro Tag liegen. Chondroitin ist der wesentliche Bestandteil der Kombination.
Lesen Sie hierzu auch: https://flexionsdistraktion.de/die-gruenlippmuschel/
Literaturhinweise/Quellen:
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