Schmerzübertragung durch Bandscheibensimulation

Dass auch reine Bandscheibenirritationen, wie z.B. ein Anuluseinriss, zu Beinschmerzen führen können, ist inzwischen in vielen Publikationen belegt. In Untersuchungen an Patienten, die sich einer intradiscalen elektrothermischen Annuloplasty unterzogen haben, zeigte sich bei 68 % der Probanden unter thermischer Bandscheibenstimulation ein Schmerzbild, dass dem bisherigen im wesentlichen entsprach. Schmerzausstrahlungen in die Beine sind auch bei vollständig intakten Nervenwurzeln normal. Die Weite der distalen Ausstrahlung hängt von der eingesetzten Stimulationsenergie ab (CW O‘Neill et al in Spine 27(24)).
Erklärbar ist dieses Phänomen durch die Konvergenz von nociceptiven Afferenzen aus dem Rücken, Bein und den lumbalen Bandscheiben in die gleichen Neurone des Hinterhorns. Der Großteil der discalen Nociceptoren konvergiert mit nociceptiven Afferenzen aus dem lumbalen Bereich. Ein kleinerer Teil konvergiert mit Afferenzen aus dem Oberschenkel und ein noch kleinerer Teil mit Afferenzen des Unterschenkels. Dies erklärt, dass eine Schmerzausstrahlung in den Unterschenkel nur bei einer starken discalen Reizung eintritt! Bei Würdigung dieser Erkenntnisse erscheint das Verhebetrauma, bei dem der Patient einen nicht radikulären ein– oder beidseitigen Beinschmerz verspürt, eher einen discalen (Anuluseinriss) Hintergrund zu haben.